Die Abreise
Als ich nach dem wolkenbruchartigen Dauerregen am Morgen nach ihrer Abreise aufwachte, musste ich mit Bedenken an den Rat zu ihrer Reise, den ich ihr gegeben hatte, gleich wieder denken und sah sie vor mir, wie sie im Flughafen mit dem Seil ohne den Hund, ihr Gesicht, wie immer das schönste, lebendige und liebevolle eines solchen kleineren Wesen, verblüfft auf das Leere Ende des Seils schaut: Der Knoten hatte sich gelöst!
Der Sommer
Die Ernte ging auf Hochtouren, der Acker nun ein sattes und wahr gewordenes Paradies, erfolgt durch den langen, ausgewogenen Sommer. Dies war letztes Jahr, jetzt schien es anders – Regen und immer wieder der Regen – nun, in der Stadt badeten die Leute in den Pfützen, und fuhren mit Booten durch die Straßen – dies war die Großstadt, auf dem Lande aber, das Land, das die Stadt am Leben hielt, sah es dieses Jahr ganz anders und finster aus.
Die Postkarte
Das Gemälde hieß „Wo kommen wir her, wo gehen wir hin“. Drunter hatte jemand geschrieben: Das wüsste ich auch gern. Und darunter wieder: "Ich komme vom Broadway und gehe jetzt zum Beno". Sehr witzig. Sehr, sehr witzig. Ich musste die Wand wieder streichen, oder sollte, dann kam ich aber darauf, es so stehen zu lassen und über Nacht hatte es sich herumgesprochen – und über einer weiteren, war ich der neue Star der Kunstszene geworden, mit Worte wie „Zügellose Anarchie“ in den Rezensionen. Den Spiegel und das Gedicht vom Eichhörnchen im Waschbecken, hatte ich Jahre danach vergessen, die Postkarte von dir, erinnerte mich wieder daran.
Volapük
Einmal die Wörter der Nachrichten umdrehen:
Eichhörnchen erschießt Neonazi
Mann fällt auf Baum
Brand von Haus zerstört
Leider kann ich mich von der Welt nicht trennen.
Eine Erinnerung
Als ich noch Freunde hatte, wollten sie immer dieselbe Geschichte von mir hören; die von der Bettdecke, die aus dem Fenster des vierten Stocks runter auf die Straße fiel – oder besser gesagt, schwebte: Der Wind hob sie hoch, die zum Lüften halb aus dem Fenster hängende Decke, eine schöne, kostbare leichte. Der Wind hob sie hoch und sie schwebte und als sie wieder runterkam, am Fenster vorbei – versuchte ich sie noch zu greifen, aber zu spät. Sah sie dann auf einem Auto und der Straße zukommen, ein einsames Auto in der Ferne, das ganz schnell fuhr. Das Auto kam immer näher, die Decke kam der Straße immer näher – und dann – fluff – war sie weg! Vom Auto aufgesaugt, das sie, über die Kreuzung und ich weiß nicht wie weit weg, mit sich nahm. Meine Bettdecke. In ungefähr zehn Sekunden von geborgener Freundschaft auf nimmer Wiedersehen, dachte ich. Freunde habe ich übrigens noch, aber irgendwie musste die Geschichte ja anfangen.
Merry Christmas
In der Wohnung wo ich früher wohnte, gab es Mäuse in der Küche und eine Kirche schräg gegenüber des Wohnhauses. Jesus Christ Embassy, war ihr Name – und dies sollte sich als nützlich erweisen. Eines Tages, wurde es mir nämlich zu viel mit den Mäusen und ich beschloss sie einzufangen mit einer tierfreundlichen Falle, die mir, neben den Nüssen hierfür, das letzte Geld kostete. Als ich die Tür zum Wohnzimmer hinter mir schließen wollte, nach dem Aufstellen der Falle, hörte ich es schon: Ein metallisches Schnappen – die Falle ging zu. Traute meine Augen fast nicht, als ich mich umdrehte und zur Küche ging: Eine kleine Maus saß in der Falle – zitternd, bebend vor Angst und sie tat mir gleich ganz schrecklich Leid. Dies wiederholte sich dreimal an diesem Abend, die Mäuse wurden jedoch immer kleiner und am Ende hatte ich anscheinend die ganze Familie mit meiner Falle geholt. In den Frost und Schnee draußen, wollte ich sie nicht aussetzten, also ging ich viermal zur Kirche, die Tür stand wohl immer offen, an diesem Abend, kurz vor Weihnachten. Die Tür der Kirche mit der Botschaft unter dem Bogen des Eingangs: Alle sind hier ganz herzlich willkommen.
Resümee
Dies ist keine Erzählung oder Geschichte, ich muss es aber trotzdem hier sagen: Gott vergebe mir meine Sünden, die Liste ist lang und voller unsinniger Sachen.
Kindheit
Die Blumen auf dem Fensterbrett. Ich danke dir für deine Hilfe. Die Luftballons, die du mir kauftest. Ich danke dir. Alles ist am Ende Vergangenheit. So wie unser Spaziergang durch den Park in der Herbstsonne, wo das Laub an den Bäumen, feucht und leuchtend noch, das Leben und Sterben so schön artikulierte. Danke für deine Briefe und Gedanken. Danke für alles, deine Stimme, die manchmal zu mir sprach und mich nie vergaß. Es war kein Wunder nur einfach so. So ist es, wenn Menschen sich lieben. Ich danke dir. Nun bist du weg.
Gewöhnliche Begegnung
Jim – hallo Jim, du alter Erbsenzähler, was machst du hier? Ich kannte seine Stimme und auch die Art, wie er sich bewegte: ruckartig, unendlich langsam. Hey Johnny, was machst du hier? Dasselbe wie du wohl – oder zumindest das Gleiche. Ja, das sag ich auch! Na also und sonst was Neues? Nein, nicht so richtig. Bei dir? Auch nichts nein alles beim Alten. Na gut, dann mach es gut, ja du auch, oder besser. Also dann, ja also dann. Komisch, der Traum kam mir sehr lebendig vor und lass uns bloß dabeibleiben, es war nur ein Traum und die Wohnung in der 5th Avenue, aus dessen Fenster immer dienstags eine Frau eine Decke schüttelte, eine Decke, die seltsamer Weise jedes Mal voller Staub war, habe ich erst viele Jahre später entdeckt.
Unvollendete Gedichte
Lass uns gehen, sagte sie. Ich ging mit ihr durch die Straßen von Lower Manhattens bis nach Cony Island. Da las ich ihr das Gedicht vor:
Plains cutting sky
high over Brooklyn
My father was a dancer
in Spain
...
... abgebrochen – der Rest Vergessenes aus oder in der Erinnerung. Das Notizbuch, meins, verschollen. Werde ich es je wieder finden?
Inflation
Es lohnt sich manchmal den Fernseher abzuschaffen und nicht abzuspülen. So schrieb ich 165 Gedichte in nur drei Wochen und spülte 165 Tage lang danach ab. Jetzt überlege ich 165 Fernseher zu kaufen, da nur 1,65 Menschen sie gelesen haben – inklusive mir selbst, das liegt aber auch wieder nur an mir oder mich, ja was weiß ich. Nein was soll ich bloß tun, ich schreibe und schreibe – wirklich ohne Ende, es sind Mengen, Mengen Leute, ich kann´s euch sagen, die sich mittlerweile häufen. Na gut, vielleicht kaufe ich einfach 165 Staubsauger, und sauge alle Wörter wieder raus, aus den fast schon gedruckten Büchern: Das Papier bliebe ungedruckt, so schön und weiß. Eine Fantasie hier, jedoch keiner der erwähnten 165 Fantasien. Titel des Textes hier: Inflation. Ganz eindeutig nur Inflation.
Subkulturelles aus der Subway
Kreidestriche, zuerst unten in der Subway, wurden zu gekonntes Malen auf der Leinwand; beides eine Kunst in sich und so bewegt sich die Kunst. Dann schnitten sich die Leute deine Zeichen aus den Wänden, schnitten, sägten oder was auch immer und meine Nichte kam hier Jahre später her, Nichte oder was auch immer – schreiben ist Empfinden und Erfinden – um sich kleine Würstchen über den letzten Gluten des Feuers zu grillen. Ich hatte eigentlich ein ganzes Buch über sie geschrieben, über der Franzi in New York, eine Künstlerin, es liegt aber jetzt nur noch rum und ich komme auf blöde Sprüche wie Würstchen grillen. Gut aber noch eins zum Affektiven: Andy kannte ich auch und sah sein ganzes Leben als Kunst. Du hattest deine Glatze, da war die Kunst nicht drin, nicht so. Andy aber, machte aus seiner Kunst. So wie das Erinnern. Das verschachtelte Organisieren. In der Kunst geht es immer auch ein wenig ums Organisieren – oder Umorganisieren. Das könnte aber auch ausschließen bedeuten. Oder sogar Angeben!
Novalis
Was Novalis mit New York zu tun haben könnte, ist mir erstmal unklar, ich wurde aber die Frage gestellt. Viele haben ihn sicher gelesen, in New York und überall in der Welt, er als Vertreter der frühen deutschen Romantik – oder als Dichter einfach, falls dies sich trennen lässt. Nun wäre die Frage, was er zu Amerika oder die Vereinigten Staaten überhaupt gesagt hat – ein Franz Kafka hat ein Jahrhundert später „Amerika“ geschrieben, das war Kafka und eine ganz andere Zeit. Novalis aber? Die Blaue Blume. Ja. Der junge Mann, der früh starb, der, der um seine früh verstorbene Freundin so sehr trauerte und mit ihr gehen wollte. Sein Tod kam wenige Jahre später. Novalis. Das schöne Gesicht, die Haare lang getragen. Seine Gedanken zur Politik und Religion, zum Geistlichen, der Säkularisierung, zum Glaubensverlust, zu den Maschinen, Zahlen und Menschen, zu der Rationalität und Pragmatik. Sie, seine Gedanken, sind hier irgendwo – Novalis.
Verwandlungen
Ich kenne sie nur aus einem Katastrophenfilm. Die Bibliothek. Leute suchen Unterkunft vor dem Wasser, dann vor dem Eis und der Kälte und müssen Bücher verbrennen, um sich zu wärmen. Welch eine Ironie! Aber so ist es gekommen. Dann gehe ich rein, ja sie sieht aus, wie aus dem Film – nur draußen scheint die Sonne und überall arbeiten die Klimaanlagen in den Hochhäusern auf Hochtouren. Mit der Wärme ist zu kämpfen, in der Stadt und in vielen Städten überhaupt. Dann steige ich in ein Taxi, ein gelbes, das vom Künstler R. Fetting gemalt vor mir steht. Nach dem Preis habe ich mich auch erkundigt: viel zu teuer für mich, es entspricht so was wie drei Jahreslöhne eines freischaffenden Schriftstellers. Das Bild. Gut, aber der Ausblick gefällt mir und dann, einfach so gedacht: Wird sie sich noch melden? Meine neue Schülerin. Sie schält eine Mandarine. Drüben. In einer anderen Welt. Nun in die wolligen Strümpfen geschlüpft.
Mira
Die Katze, mit der ich in Harlem wohnte, hieß Mira. Sie wurde mir geschenkt mit den Worten: Sie heißt Mira! Und nichts mehr. Dann war sie wieder weg, das Mädchen mit der Katze, die ins Auto ohne Katze stieg. Nun stand ich da, auf der Treppe, mit einer Katze in den Händen, die Mira hieß und dachte, ja und nun? Nichts mehr. Sie sind umgezogen und haben mir einfach die Katze übergeben, oder besser gesagt: Überreicht! Eine Stunde zuvor, war sie zu mir durchs Fenster gestiegen, ich hatte sie dann zurückgebracht, selbst gerade eingezogen und gerade observiert, dass sie zum Nachbarn gehört. Nun also nicht mehr – der Nachbar umgezogen und die Katze mir überreicht. Mira schläft gerade in ihrem Korb neben der Heizung, den Korb mit der Wolldecke, die ich ab zu, draußen auf der Treppe ausschüttelte. Mira schläft und ich schreibe diesen Text. So vermischt sich Vergangenheit und Gegenwart in den Gedanken.
Ein Nachmittag
Ich bin mir sicher, wir sind zu weit gefahren. Du stellst das Auto ab. Wir gehen raus auf die Mole. Die Möwen über uns kreischen laut aus den großen Körpern. Wir, zwei kleine Körper am Strand und Wasser. Die Wolken grauweiß und das Holz unter uns grau. Tang hängt an den Pfeilern. Mit Muscheln und Blasen drin. Der Geruch vom Meer beruhigt uns, und die Sachen, in und herum um uns, was einem überall so folgt, sortieren sich wieder ein. Ein Nachmittag am Meer.
Grand Central
Die Rettung des Bahnhofes Grand Central könnte man den Bürgermeister Robert Wagner zuschreiben, der in meinem Geburtsjahr 1965, die Kommission zur Rettung des Bahnhofes gründete. Ohne Jane Jacobs Buch „Tod und Leben großer amerikanischer Städte“, wäre dies aber wahrscheinlich erst gar nicht geschehen, das Buch das in 1961 geschrieben wurde und u.a. eine Debatte über die Erhaltung der Grand Central Station auslöste. So sind Gedanken manchmal schöne Glieder einer schönen Kette, die sowohl im lauten Gewimmel der Eile als auch im dunklen Schatten des Vergessens, ehrenvoll getragen wird. Eile, das Vergessen und selbstverständlich: Politik.
Meine Jahre in New York
Meine Jahre in New York, da wo ich noch nie gewesen bin, tauchen nun als leuchtende Erinnerung auf. Ich kann es auch nicht lassen, über sie zu schreiben, obwohl ich so vieles andere vor mir habe; der vorgestellte Rückblick zieht jedoch alles in den Bann dieses Triebes und wofür und warum leben wir überhaupt? Jeder sollte finden, was jeden glücklich macht – sei es etwas, das nicht jemand anders Schaden zufügt. Jemanden oder sich selbst. Aber was rede ich hier – ich will nicht zu lange herum philosophieren, nur umgedreht alles erinnern, was es fast nicht gab oder ganz und gar nicht geschah. Nur so kann ich mich der Realität hier annähern.
Geschenkte Weisheiten
Diese Nacht erzählte sie mir eine weitere Weisheit. Das Erzählen geht um das nicht Erzählte, das Schauen und das Spiel, ist das was wir nicht sehen können, und uns nur vorgestellt gezeigt wird, und ich dachte, es geht wohl auch um, was ich nur spüren kann. Der Funke schlug über, der Strom bewegte sich und wurde zu einer zärtlichen Berührung unter den Brücken, die fast genauso aussahen, wie die Brücken der Yorckstraße, wo ich mal wohnte. Da, wo das Gras früher wild wuchs und zwei Skinheads mir mit Prügel drohten. Auch hier fand das nicht Erzählte seinen Wert, sie sagten nämlich: Du bist doch der... ? – und ich sagte nichts nur: Warum fragst du? Und ich wurde vom Prügel verschont. Ein Art Heroismus des Nichterzählen. Wollte mich wohl vom Ästhetisieren abheben, aber stieg gar nicht vom Wunsch des Zeichnens der Tusche und dem Weißen, das nicht beschriebene und nicht Erzählte hoch. Konnte mich als Träger gar mich distanzieren.
Die Hälfte des Lebens
In einem Heft meines Vaters, das ich auf dem Dachboden im Reihenhaus gefunden habe, lese ich: „Wenn die Früchte schwer / an den Ästen reif / In September, sag ich / nein zu Hölderlin“ und muss an ihn denken, sein Leben und besonders seine letzten Jahre. Ich wusste, dass er eine schwere Krise hatte, als er um die 50 war, seine Mutter gestorben, einen Streit gab es mit der Familie und vieles anderes schwieriges – und es ging ihm sehr schlecht. Dann kam aber eine relativ gute Zeit, bis er krank wurde. Habe ihn ja erst da kennengelernt, durch Zufall, könnte man sagen, ich wusste erst, als ich um die dreißig war, wer mein echter Vater war. Später, an dem Tag wo ich die Schachtel auf den Dachboden fand, las ich auch das Gedicht von Hölderlin, in einem Buch, von derselben Schachtel: „Die Hälfte des Lebens.“ Und vergessen Sie bitte dieses ewiges: „Hölderlin mit seinem Turm“.
Bücher
Bücher sind nun mal die halbe Welt. Was ist es denn mit den Büchern, das so viel Freude macht? Das uns mitreißt und zum Erwachen bringt. Oder Einschlafen, wunderbar, ist auch das Einschlafen mit einem Buch – gerade noch das zuletzt gelesene verstanden, dann aber so schläfrig, dass die Realität anfängt sich aufzulösen und dann noch mehr auflöst und sich dann im Schlaf umwandelt. Der Conférencier der Träume lässt ein stilles Abtauchen zu – der Autor steuert das Ausfahren, die Fahrt zur Ruhe hat begonnen. Das Buch hatte eine große Revolution in der Umwandlung zum „Taschenbuch“ erlebt – was wohl schon lange vor Goethes Werther passierte. Vor allem – das Taschenbuch lässt sich heute selbstverständlich noch überall mitbringen, nicht nur in Damentaschen oder in den Schlaf hinein – nein, jeder kann es mit sich tragen und immer wieder, zu den Welten, dass es eigenhändig trägt, zurückkehren.
Der Mond
Da ich den Mond nicht sehen kann, muss ich dich fragen: Steht er nun wirklich wieder vor deinem Fenster da über den Dächern? Ich musste lachen, als ich Jahre später nach B. kam und das Haiku Gedicht über den Mond las. Es ging um den, der seine Sehnsucht wieder vermochte aufleben zu lassen. Durch den Anblick des Mondes. Im Leben wieder hereingeholt. Nun in einer anderen Stadt, lächelnd aus dem Buchladen gehend. Lächelnd, aber mit Herzklopfen. Erwacht! So gut war es! Das kleine Gedicht.
Der Fallschirm
In einem Traum bin ich gefallen. Ich drehte mich in der Luft und fiel weiter nach unten, bis ich ruckartig nach oben gezogen wurde. Der Fallschirm zog mich nach oben. Geschwebt habe ich aber in der Luft. Nein gefallen bin ich. Ich vermische es immer wieder.
Schwerer Apparat
Also Leute: Ich habe gutes Neues, sagte Jefferson als er zu uns kam. Ich versuchte noch das Fenster nach oben zu schieben, bevor er etwas sagte – Luft wäre jetzt gut im Zimmer, in der kleinen Wohnung rein zu holen – das Fenster klemmte aber und ich ließ mich aufs Sofa runterfallen. Jefferson stand da, auf dem Teppich, strahlte und es war so schön, dass ich Lynn bat den Fernseher auszumachen. Dann klingelte das Telefon, wir alle schauten rüber zum schweren schwarzen Apparat. Lynn dann auf mich, ich auf Jefferson und Jefferson auf Lynn. Dann schauten wir wieder aufs Telefon, es klingelte, ununterbrochen – dann ging Jefferson hin und nahm den Hörer ab. Ja – hallo? Nein, ich wohne nicht hier, wollte nur meine Freunde besuchen. Was? Schlechtes Neues? Er legte den Hörer auf den Tisch, schaute zu Lynn und sagte, gut, ich muss dann gehen.
Urbane Mythen
Eine Kalendergeschichte, die ihr Unwesen trieb, zu der Zeit wo ich in Harlem wohnte, war die von der Spinne und der Topfblume. Die Topfblume, die immer fauchte, wenn sie bewässert wurde. Solche Geschichten werden auch als „Stadtmythen“ bezeichnet. Nun gut, in der Stadt haben sie wohl gute Bedingungen um „wandern“ zu können – was die Entstehung solcher Geschichten auf sich hat, hat aber nicht unbedingt nur mit der Stadt zu tun. Ich stelle mir nun die Aufgabe, eine solche zu erzählen – oder ganz genau: zu erfinden. Eine, die erstmals nicht in der Stadt anfängt, sondern in einem Wald. Es wird schwer, ist es, spüre ich und begreife so, warum diese Geschichten heutzutage sowohl aus ihren Entstehungsgeschichten heraus als durch die wandernde Umwandlungen, die Bezeichnung „Urbane Mythen“ bekommen.
Der Fangbaum
Bei einer von Judys Partys, fängt Paul an zu erzählen: "Ich habe mal von jemanden gehört, der im Wald spazieren war. Als er da rumläuft, kommt plötzlich ein Wildschwein direkt auf ihm zu und das im vollen Tempo. Ein großes, sehr großes Wildschwein. Er springt gerade noch rechtzeitig zur Seite, stolpert aber über einen Ast und rutscht den Hang herunter. Dabei bleibt er an einem Baum hängen, der ihn erst aufgreift aber dann voll in einem anderen Baum hochkatapultiert." Yoko unterbricht ihn und sagt: „Ja, und sein Name war wohl Baron von Münchhausen?“ Nein, sagt Paul, es war ein Freund von meinem Bruder! Judy lacht laut, wir lachen alle, nur Paul schaut uns verblüfft an. Na gut, was passierte dann, sage ich. „Ja, dann hing er da, im Baum“, sagt Paul –, „und wollte sein Handy greifen. Nun, das war aber aus der Hosentasche rausgefallen – er aber, so von einem Ast aufgegriffen, dass er seinen Gürtel, an denen er fest am Ast hing, gar nicht mehr lösen konnte.“ Wir lachen alle wieder, dann kommt Jennifer in die Küche und fragt was wir so lachen. Im selben Moment fängt jemand an ein Lied zu singen, sehr laut und wir drehen uns alle um. „Ich flog und flog und flog“, singt einer in der Ecke der Küche. Er sieht sehr betrunken aus und kippt dann um und reißt den ganzen Küchentisch mit sich runter. Gläser, Flaschen, Teller, kleine Spieße, alles fällt mit großem Krach zum Boden und das war´s mit der Geschichte. Einige Monate später, treffe ich Paul in der Subway und überlege ihn nach dem Ende der Geschichte zu fragen. Ich lasse es, höre dann aber irgendwann von einem, der von einem Wildschein gerettet wurde! Das Wildschwein hatte sein Handy im Bauch, und er, der Mann, hing seit zwei Tagen in einem Baum und konnte sich nicht befreien. Die Jäger aber, erkannten den Ort vom letzten Film auf seinem Handy: Ein wütendes, sehr großes Wildschwein, läuft mit großem Tempo auf einen Mann zu, dessen Handy es dann beim Vorbeirennen verschluckt. Ich muss kurz Luft holen und den Kopf schütteln. So was Albernes und das soll wirklich passiert sein? Ja, es stand jedenfalls in der Zeitung! Oder wie?
Die Wand
Ich liebe diese Wand: Sie ist von einer Kletterpflanze ganz überwachsen und hinter ihr, ragt ein alter Schornstein hoch. Ich sah diese Wand vom Küchenfenster aus, die Küche in der kleinen gemütlichen Wohnung mit Blick zu einer der schönsten Hinterhöfe der Stadt. Dann wachte ich auf und las auf den Zettel: Vorsicht! Das Leben ist wie ein Traum. Genieße es mit Vorsicht. Klarsicht und Vorsicht. Gerne aber träumend ...
Ein Reisender
Er kam wieder und ich habe es gewusst. Alle anderen hatten sich fürs Leben verabschiedet: Er wird nie wieder zurückkommen, wurde gesagt. Dann, ein Monat später, kam er zurück und jetzt höre ich ihn, wie er auf meiner Gitarre klimpert. Nicht schlecht, sonst hätte ich ihm die Gitarre gleich entzogen. So liegt er da, den ganzen Tag aufs Bett und klimpert auf der Gitarre. Hätte eigentlich Lust ihm sie doch wegzunehmen, mehr wegen den Nachbarn – ein Streit könnte schlimme Folgen haben. Die Zeiten sind heute fragil, eine Wohnung kann man schnell verlieren, der Drang ist enorm. Das Drängen auf die Stadt. Ich würde lieber meine Gitarre zerschlagen, als die Wohnung zu verlieren. Er kann ja weiterbummeln, was er auch machen wird. Ich aber nicht.
Der große Apfel
Der große Apfel hat einen Wurm und der ist jetzt auch noch Weltherrscher geworden. So versteht er sich jedenfalls selbst, wie viele andere vor ihm schon, in dieser Position des „quasi Weltherrschaftlichen“. Gut, nein gar nicht gut – aber gut, so ist es mal nun und er muss sich selbstverständlich auch gleich mit den anderen „quasi Weltherrschaftlern“ anlegen. Wer hat den größten Knopf zur Vernichtung der Welt? „Leute, ihr braucht da keine Knöpfe, ihr seid schon so, ganz ohne Knöpfe, dabei die Welt zu vernichten“, sagt einer im Café unten, sprechend zum Fernseher über der Theke. Ja und tatsächlich, trifft der Spruch mit „Das eigene Land zuerst“ so gesehen hier leider auch erschreckend zu: Ein riesiges Naturreservat, eines der wenigen, die es noch gibt, soll nun platt gemacht werden. Fracking – der Schuh des Teufels – darum geht es und nicht darum, das Reservat für Wanderer zu öffnen. Der Wurm ist aus dem Apfel raus und frisst sich jetzt durch die ganze Welt.
Der Schuhverkäufer
Er ist jetzt in einer anderen Stadt und verkauft da Schuhe, die ihn an New York erinnern. Er hatte sie zum ersten Mal, auf einem Plattencover, in den 70ér Jahren gesehen, der eine von den zwei Typen auf dem Bild hatte sie an, oder vielleicht auch beide hatten diese Schuhe, woran er gerade denkt an, und nun steht er hier mit ziemlich genau diesen Schuhen in einem Laden - 40 Jahre später. Es sind einfach Klassiker, diese Schuhe, so einfach und bequem vom Typ her, dass sie nie aus der Mode gekommen sind. Ja, ich muss zugeben, dass ich so was ganz toll finde. Auch die Idee von einem Laden, der ausgesuchte Schuhe hat, die weitgehend nachhaltig produziert worden sind. Was kann ich mehr zu seinem Job sagen? Er, der Job, ist eine schöne Erfahrung und bringt Butter aufs Brot – oder überhaupt schon mal Brot. Und als Schriftsteller, ein Traumberuf: Menschen aus der ganzen Welt kommen hier rein und bringen alle eine Geschichte mit. Er möchte sie nicht weitererzählen, ihre Geschichten, darum geht es nicht, sie halten ihm aber am Leben. So oder so..
Einhornspray
Eine Nachbarin hatte mir vom Einhornspray erzählt – und vom weißen Salbei, den ich dann kaufte, um einen Geist in meiner Wohnung auszuräuchern. Der Spray kam mir doch etwas zu fantastisch vor – und war auch gar nicht dafür gedacht und ihn nur so mitzunehmen, für irgendwelchen Zweck, danach war mir nicht. Aber ich kam darauf, später, nach der Ausräucherung des Geistes, den Mythos der Einhörner nachzugehen, im Versuch sie, die Einhörner, einen klitzekleinen Augenblick, aus der hin und wieder weichgezeichneten, bunt kolorierten Welt der Esoterik oder vor allem, die Geschäfte der Esoterik, rauszuholen.
Radio hören
Neulich kam ich darauf, dass einer der schönsten Sachen im Leben, die es gibt, wohl sein möge, neue Batterien in ein Radio zu tun! Es lässt sich erklären; als ich vor einem Jahr das Haus einer meiner liebsten und nun leider verstorbenen Freundinnen aufräumen musste, ist mir klar geworden, dass sie in jedem Zimmer, außer in ihrem Schlafzimmer, ein Radio stehen hatte. Ich wusste, dass sie gerne Radio hörte, wir unterhielten uns auch manchmal über Sendungen im Radio – die Fünf Radios, die ich dann einsammelte, nach ihrem Tod, sind mir aber irgendwie dann doch, sehr berührend, berührend vielleicht gerade deswegen, aufgefallen: Eins im Wohnzimmer, eins in der Küche, eins im Bad, eins im Hobbyraum und eins im Keller unten! Das im Wohnzimmer, nahm sie auch manchmal mit raus im Garten, auf die Terrasse. Als ich neulich Batterien kaufte und sie in ein Radio reintat, das ich einen Freund ausleihen mochte, wurde mir ganz warm ums Herz, als die Stimmen des kleinen Transistors wieder erwachten!
Fasching
Es war Fasching, und ich war zu Besuch bei Freunden, deren Tochter den Fasching in ihrer Schule feierte. Die Freunde fragten mich, ob ich sie nicht von der Schule abholen könnte. Ob dies wohl in Ordnung wäre? Ich sagte froh ja, hatte nichts vor und mochte sie sehr. Es würde mir nur Spaß machen sie nach Hause zu begleiten und für ihre Sicherheit im Verkehr zu sorgen. Ihr Tag sei gut verlaufen, erzählte sie mir dann – und ich musste fragen, welche Verkleidungen es denn gab! Ich dachte, sie würde nun fünf-sechs-sieben nennen, aber nein, es ging ziemlich genau so: "Also es gab einen Tiger, zwei Bauarbeiter, zweimal den Harry Potter, einen Geist und ein Streichholz. Dann gab es einen Clown, ein Rockstar, ein Ninja und ein Indianer. Indianer und Cowboys. Auch andere Tiere", setzte sie fort: "Ein Igel und eine Fledermaus. Ein Klavier..." – ich musste unterbrechen – ein Klavier? "Ja ein Klavier und einen Seeräuber. Eine Schlange, einen Dieb, einen Detektiv, zwei Engel, ein Pferd mit zwei Kinder drin, einen König, viele Prinzessinnen, den Aladin, der mit dem Geist, eine Biene, eine Ratte, ein Polizist, ein Auto und drei Zauberer. Ja und Mario!" Ich fragte wieder: Drei Zauberer? "Ja! Oder nicht ganz..." Nein? "Nein" – sagte sie – "der eine konnte nicht Zaubern, sein Zauberstab war zerbrochen." Ich biss mir auf die Lippe, wollte nicht lachen, sagte nur ernsthaft „Ach so“. Und wir waren uns einig, dass dies nun gar nicht gut war – schade für den Zauberer ja. Echt schade!
Mr. Yellow
In der Straße, wo auch der Schuhladen war, gab es einen gelben Mann. Wir nannten ihn Mr. Yellow – dies war naheliegend, da er wirklich ganz und gar gelb war – sein Gesicht war es jedenfalls und seine Hände. Ich hatte den Eindruck, beim zweiten hinschauen, dass er sich irgendwie eingefärbt hatte. Als ich ihn das erste Mal sah, erschrak ich ein wenig, dachte er wäre krank – aber nein, es ging um eine „Einfärbung“, dies wurde mir schnell klar und mir kam zur Kenntnis, kurz danach, dass er auch mit Einfärben beruflich zu tun hatte. Es war sozusagen ein Teil seines Berufs. Die Ursache jedoch, für dieses freiwillige Einfärben, habe ich nur versucht zu erraten, zur Kenntnis kam es mir nie.
Fly Me To The Moon ...
Reinhard meinte, dass man den Mond einfangen könne. Er wohnte unter der Brücke, die ich jeden Abend unterquerte, durch den Park, auf dem weg zur Betty. „Na wie geht es mit dem Mond?“, fragte ich ihn dann. „Schon eingefangen?“. „Das siehst du doch, dass ich ihn noch nicht eingefangen habe! Schau doch an den Himmel!“ Ich schaute hoch, kein Mond zu sehen, nur ein diffuses Licht hinter den Wolken. „Ja, sieht so aus, als ob er noch da wäre“, erwiderte ich und fügte zu: „Mit Sicherheit kann man es aber nicht wissen!“ Dann lachte er und ich gab ihm einen Dollar. So ungefähr ging es jeden Abend. Bei einem klaren Vollmond sagte ich: Oh, du hast es wieder nicht geschafft! Und er lachte. Und es kam alles von einem japanischen Gedicht! Dieses hatte er mir, als wir zum ersten Mal sprachen, vorgetragen. Und er sagte: „Ja, ich bin Professor, weist du! Und es gibt gute und schlechte Zeiten!“ Ja, da hatte er recht. Die gibt es und ich hatte selbst mal unter eine Brücke gewohnt - nun konnte ich ihm wenigstens mit einem Dollar am Tag helfen. Dazu hatte er natürlich auch einen Witz: „One dollar a day, keeps the doctor away!“ Und jetzt sitze ich in einer ganz anderen Stadt und schreibe diese Sätze. Wie es ihm wohl geht!? Es ist schon einige Jahre her. Einen wirklichen Schutz hatte ich ihm nie gegeben. Ich dachte er wollte dies gar nicht. Gefragt habe ich ihn aber auch nie. Er schien mit seinem Leben zufrieden zu sein. Ich denke das war aber nur Schein. Und diese Überlegung nagt an mir. An mir und unseren Mond.
Früher oder später
Die Sprecherin im Fernsehen: „Gefunden wurden Steinsärge, Statuen und andere Gegenstände...“ Cindy meint, wir haben alle schon mal gelebt. Und waren dann andere Menschen, früher, in anderen Leben. Ich versuche mich selbst mit einer dieser Gegenstände zu sehen. Dann liege ich im steinernen Grab – bin aber Zeitungsverkäufer in Newport auf Rhode Island. So wird mir einiges klar. Ich bin mir sicher, ich habe schon vieles gelesen: Zeitungen, Artikel, Bücher, Aufzeichnungen von Vorträgen und so weiter. Jetzt möchte ich nur noch Zeitungen verkaufen und schreiben!
Harry
Harry lernte ich in der Weinbar kennen, die zwischen den Zeitungsladen und Gemüsehändler lag. Bei jedem Glas, sagte er zum Anfang: „Der Wein verbindet uns mit den Göttern! Prost!“ – und wenn er es austrank: „Ich bin der Rebstock – ihr seid die Trauben ...“. Irgendwann sagte dann einer: „Ja, aber du bist nicht Jesus!“ Harry trank sein Glas aus, schaute mit lehren Augen über den Tisch und sagte dann ernsthaft: „Nein, aber er ist bei uns“. Da wurde mir klar, dass seine Sprüche, die sonst immer mit einem Lächeln kamen, im Grunde ernst gemeint waren. Harry starb letztes Jahr – erfuhr ich, als ich mal wieder in die Stadt kam. Die Bar war nicht so wie früher, man vermisste ihn da, aber trotzdem hing noch etwas von Harry in der Luft. Auch ein kleines Foto übrigens an der Wand, die Wand die eine Collage aus Fotos der Zeit hier glich oder schlechthin war. Ja, da war er – Harry, unser Apostel im Reich der Trauben, Rauchwolken der Zigaretten und schönen Geschichten. Damals, ein kleines geborgenes Reich.
Lord Byron
Jerry meinte, er habe den „Lord Byron“ mal getroffen. Ich fragte ihn dann: „In einem Traum – oder wie?“ "Nein, nein", sagte er – "in echt – unten, beim Harry am Tisch!". Es ging eine Weile, bevor es sich im Gespräch aufklärte, dass es nicht der Byron war, an den ich dachte, sondern um den Künstler „Lord B. (Byron)“ – im Jahre 1990 irgendwas. "Aha, aha, aha!" erwiderte ich nun, und setzte mich beleidigt von dieser Trickserei auf den Hocker in der Bar „Contenda“. „Eine Bloody Mary bitte“, sagte ich zum Kellner und schaute Jerry verärgert an. „Was ist?“, fragte er. „Nichts Jerry“, erwiderte ich, „Gar nichts.“ „Es gibt einen englischen Schriftsteller, der Lord Byron hieß, oder zumindest so genannt wurde“, versuchte ich nun. Jerry sah mich fragend an. „Ja?“ Ja Jerry. „Ach der Engländer – den Lord Byron! Ja den kenne ich vom Namen her. Ja – doch!", meinte er und dann: „Ja, aber den meinte ich nicht!“ Nein, Jerry, nein, den meintest du nicht. Es war einer dieser ganz wunderbaren, besonders betrunkenen Gespräche, die bei „Contenda“ geführt wurden. Es war aber meine erste Mary.
Künstlerbedarf
Und mehr zum Thema Alkohol: Gerade komme ich rein in den Laden mit dem beschwörenden Namen: „Laden für Künstlerartikelbedarf“ und frage mich welchen Bedarf oder Beruf ich heute habe – und sehe da den Kollegen Mats, in der Ecke an dem Kaffeeautomaten. Es ist gerade Mittag, er hat aber ein Bier am Tisch stehen – und ich sehe – an seiner Körperhaltung und Gestik, es ist das Bier zum Schnaps. Und es ist auch nicht das erste „Paket“ heute. Ich gehe zum Kaffeeautomaten, Mats erkennt mich aber nicht, ich überlege ihn zu begrüßen, wird aber nichts, da ein Typ mit einem Rucksack, an dem zwei lange Rohre festgeschnürt sind, sich an mir vorbei drängt, drängt und schubst, aus Gründen, die mir unklar bleiben. Ich muss ihn mit den Augen noch eine Weile verfolgen, seine Gestalt ähnelt die einer Schnecke: Die Röhre schieben sich auf seinem Rücken hoch über seinen Kopf, als wären sie die Fühler eines solchen Tieres. Als er an der Kaffeemaschine seine Faxen macht – und ehrlich gesagt: seit wann trinken Schnecken denn Kaffee? – schaue ich rüber zu den Tischen, Mats ist aber weg, wie vom Erdboden verschluckt, nur die Bierflasche steht auf dem Tisch. Ich hole mir einen Kaffee, die Schnecke ist schon bei den Tischen und jetzt stößt sie einen hohen Laut aus: „Daaaa...! – liegt jemand auf den Boden“, sagt der Mann mit dem Rucksack. Ich gehe rüber und sehe Mats unter den Tischen liegen. Stelle den Kaffee ab und beuge mich runter. "Mats! Mats! Hallo!". Keine Reaktion. Die Schnecke meint er ist tot. Nein ist er nicht, sage ich. Oder erst seit kurzem! Schnecke sieht mich verwundert an, versteht den Witz nicht. Ich ziehe Mats raus und versuche Puls oder Atem zu finden. Nichts. Er ist aber nicht tot, nur stock besoffen. Der Trick mit dem Kneifen zeigt es: Reaktion. Nun, ich weiß gar nicht, was ich hier eigentlich erzählen möchte, nur so ein Tag, wie üblich in der Großstadt. Man trifft Bekannte, lernt neue kennen, sieht dies und das – und alles ist am Ende irgendwie ganz normal.
Winter
Heute ist der 26. Februar und es herrscht eine derbe Kälte draußen. Der Himmel war blau leuchtend, ein feiner, fast durchsichtiger Halbmond schon am Nachmittag am Himmel – die Sonne strahlte jedoch – so ist der Winter dann richtig Winter. Und ich muss mich erst mal ausruhen nach der Party gestern: Ein Schlaf am Nachmittag zur Erholung. Aufgewacht, und mit einer Tasse Tee an meiner Seite, schaue ich mir einen kleinen Bericht über den Filmemacher Craig Baldwin an. Und schreibe dann hier noch: „Die Bücher sind das papierene Gedächtnis – Schopenhauer“. So kann der Tag meinetwegen zur Ruhe gehen.
Humboltkalmare
Humboltkalmare fangen ihre Beute blitzschnell mit den Fangarmen. Unten im Reich der Suchscheinwerfer. Und Liebeslocklichter. Eine Freundin von mir bestand darauf, dass ich mein Geburtsdatum bei einer Tierastrologiewebseite eingeben sollte, um zu enträtseln, welches Tier ich denn hier sein möge. Ich schaute dann letztendlich nach, da sie schon mehrmals gefragt hatte – ich wollte ihr die Freude tun, dieses kleine Spiel mitzumachen – so sollte das Leben doch sein. Und was zeigte sich: Ein Monster, ein wahres Monster – einer dieser Tiefseefische unten im Dunklen sollte ich sein, einer von diesen mit einer Lampe vorm Maul mit den scharfen Zähnen ragend, um die Fische hier im Dunklen, anzulocken! Schön! Ich musste lachen – dieser Fisch hatte mich in der Kindheit sehr fasziniert – zwar nicht als Vorbild, sondern als Phänomen. Und nun war ich so einer!? Dann wurde ich nachdenklich – ja tatsächlich, ist das nicht, was ein Künstler macht? Ein Künstler der sogar ab und zu Lichtinstallationen baut?
Der Lagerraum
In einem Notizbuch vom Lagerraum: „Die Welt ist doch viel größer als ich dachte“. Schön – oder? Ich entdecke immer wieder solche Sachen. Vergessenes. Fund und Stücke. Und das trifft ja genau diesen Spruch. Ich habe es so mal geschrieben, das mit „Der Welt“ – und lese es dann viele Jahre später. Das Leben ist voller Notizen, so oder so. Nicht nur das Leben eines Künstlers – Künstler haben jedoch oft Notizbücher – die vielleicht mit Tagebüchern vergleichbar sind. Ich habe viele Notizbücher liegen – aber noch nie Tagebuch geschrieben. So sage ich es halt.
Warum
Es ist wirklich sehr komisch: Ich stelle mir vor vor, dass ich Anekdoten erfinde, für dieses Buch, dabei habe ich das meiste erlebt! Wie kommt das? Es ist so, als ob ich meinem Gedächtnis nicht vertraue, was aber keineswegs der Fall ist – dies könnte vielleicht daher kommen, aber ich bin noch ziemlich klar im Kopf. Denke es hat wohl mit dem Antrieb zu tun, dass ich die Weichen auf unendliches Fahren stellen möchte – dabei ist schon so viel in der Kuriositätenkiste drin, dass es für zwei Leben reicht. Oder? Nein. Es reicht aber für eins – reichlich hat man mit fünfzig Jahren gesehen – als Beobachter und teilweise ausgestiegener Passagier des Gesellschaftszuges! Oh – flotte Wörter! Gesellschaftszug und „ausgestiegen“! Das wäre ja wirklich toll, wenn es wirklich möglich wäre, aus der Gesellschaft auszusteigen! Aus einem Zug im Fahren.
Noch eine Reise
Diese Reise werde ich nie vergessen und wo soll ich anfangen? Vielleicht bei dem Ende der Reise? Oder mitten drin? Nein lieber am Anfang: Stellen Sie sich vor, sie stehen mitten in der Wüste und auf einmal wird ihnen einen Eiswürfel in der Hand gedrückt! Dabei ist die Wüste nur ein riesiges Wandposter und der Eiswürfel kommt aus einem Kühlschrank. Dann flüstert eine Frau oder ein Mann ihnen etwas ins Ohr – es ist ein Geheimnis, das ihnen verraten wird und es wird ihnen fast zur Last, dieses Geheimnis nun zu kennen: Sie müssen die Stadt hinter den Bergen nun aufsuchen, sie müssen dorthin – sie haben sich durch das bloße Zuhören verpflichtet! Ja, wäre das Leben bloß so – wäre das Leben bloß eine große Verpflichtung, die an so einem Tag, mit einem leichten Schnurren im Bauch, aus Aufregung und Freude, einem verpflichtet wird. Zu sagen, dass dies ein Angebot gewesen war, wäre viel zu einfach – ja, es war vielleicht ein solches, aber auch eine unausweichliche Verpflichtung.
Der Sommer ist vorbei
Eigentlich ein Glück, dass sie Milch und Sahne nicht verträgt, sonst würde sie jeden Tag drei von den köstlichen Kuchen beim Bäcker essen, meinte Jane, als wir draußen vor dem Bäcker an einem Morgen im Mai da saßen. Ich sah sie dann wieder im August, barfuß auf den Rasen vor dem Haus, vor dem Häuschen, wo ich zwei Jahre lang den Sommer über wohnte. Sie stand da, mit einer Freundin von mir, beide barfuß auf dem satten, grünen Rasen, der sich genau richtig, weder zu kurz geschnitten noch zu lang gewachsen für diese Sommernacht, den Gästen in seiner schönsten Annehmlichkeit entfaltete. Wir unterhielten uns, lachten über irgendetwas und beide lobten den schönen Rasen. So ist ein Sommer schnell um – bald werde ich wieder jemanden, den ich so ein bisschen kenne, vor dem Bäcker treffen. Wir werden uns vielleicht über irgendetwas kurz unterhalten und dann ist bald wieder ein Jahr vorüber.
Smelly Kelly
James Kelly oder „Smelly Kelly“ konnte Dank seiner Nase und kuriosen Erfindungen New York von größeren Subway-Katastrophen bewahren. „Leaky Kelly“ wurde er auch benannt – sehr treffend, da es gerade darum ging, die „Leaks“ aufzuspüren, bevor sie zu Explosionen oder anderem ungünstigem sich verwirklichten. Die Welt ist voller Gerüche, ja! Und wir nehmen die Welt viel mehr durch den Geruch wahr, als wir denken! Es gibt nur keine Brillen für den Geruchssinn – auch keine Geruchsgeräte – so wie Hörgeräte! Oder? Ja doch! Und damit sind wir bei Kellys Erfindungen: Seine Nase war ihm nicht genug und so ist es mit den Genies – sie finden neue Wege trotz aller schon erfüllten Erwartungen! Kelly hat tatsächlich ein „Geruchsgerät“ oder mehrere sogar, erfunden!
Die Wolke
Patricia baute aus winzigen Nadeln eine sehr fragile Wolke. Eigentlich eine Wolke aus Eisen, jedoch leicht schwebend nun im Fahrstuhl der ehemaligen Fabrik. Einst eine Fabrik, dann in Ateliers umgewandelt, wie üblich halt. Und dann irgendwann kommen sauteure Wohnungen rein – die Künstler müssen umziehen, ziehen woanders hin und dann wird es da wieder Hype und dann auch irgendwann sehr bald danach wieder sauteuer und die Künstler ziehen wieder um. So geht das Spiel, bis die Künstler ganz aus der Stadt vertrieben sind. Aber zu der Wolke, über sie wollte ich eigentlich schreiben: Sie hing da, warum wusste niemand – jedoch hatte ich Patricia von einer Installation von mir erzählt – ich hatte einen Stuhl in einem Fahrstuhl (warum stand hier überhaupt ein Stuhl?) mit einem Nagelbrett ausgetauscht! Und wieso denn das, wird jetzt gefragt. Ja, gute Frage – die Antwort: Warum Fakire diskriminieren! Also dann doch hiermit erklärt. Nur die Wolke bleibt offen. Unerklärt. Vielleicht ein Gruß an irgend jemand?
Franzi
Lass mich doch noch mal auf Franzi hier zurückblicken. Franzi kam zu der Stadt in den 80ér Jahren, in meiner Schriftstellerwelt. Sie studierte Kunst und wurde dann auf einmal, aber nur kurzfristig, ziemlich berühmt hier. Sie schuf Skulpturen aus Neon-Licht-Röhren, menschliche Figuren und vermischte so das Industrielle mit der klassischen Skulptur. Das klingt ein wenig flott, aber gut, sie baute Skulpturen aus diesem Neon und sie wurden immer organischer – nachahmend organisch. Ach, ich habe Schwierigkeiten damit es heute zu beschreiben – glaube ich gehe jetzt raus in die Sonne. Die Sonne ist da. Heute am 5. Februar und ganz genau 6.387,12 km entfernt von New York. Ich also, nicht die Sonne. Also dann bis später ...
Urheberrecht: Frank Christoph Beer, September 2018 I info at frankcbeer.com
Als ich nach dem wolkenbruchartigen Dauerregen am Morgen nach ihrer Abreise aufwachte, musste ich mit Bedenken an den Rat zu ihrer Reise, den ich ihr gegeben hatte, gleich wieder denken und sah sie vor mir, wie sie im Flughafen mit dem Seil ohne den Hund, ihr Gesicht, wie immer das schönste, lebendige und liebevolle eines solchen kleineren Wesen, verblüfft auf das Leere Ende des Seils schaut: Der Knoten hatte sich gelöst!
Der Sommer
Die Ernte ging auf Hochtouren, der Acker nun ein sattes und wahr gewordenes Paradies, erfolgt durch den langen, ausgewogenen Sommer. Dies war letztes Jahr, jetzt schien es anders – Regen und immer wieder der Regen – nun, in der Stadt badeten die Leute in den Pfützen, und fuhren mit Booten durch die Straßen – dies war die Großstadt, auf dem Lande aber, das Land, das die Stadt am Leben hielt, sah es dieses Jahr ganz anders und finster aus.
Die Postkarte
Das Gemälde hieß „Wo kommen wir her, wo gehen wir hin“. Drunter hatte jemand geschrieben: Das wüsste ich auch gern. Und darunter wieder: "Ich komme vom Broadway und gehe jetzt zum Beno". Sehr witzig. Sehr, sehr witzig. Ich musste die Wand wieder streichen, oder sollte, dann kam ich aber darauf, es so stehen zu lassen und über Nacht hatte es sich herumgesprochen – und über einer weiteren, war ich der neue Star der Kunstszene geworden, mit Worte wie „Zügellose Anarchie“ in den Rezensionen. Den Spiegel und das Gedicht vom Eichhörnchen im Waschbecken, hatte ich Jahre danach vergessen, die Postkarte von dir, erinnerte mich wieder daran.
Volapük
Einmal die Wörter der Nachrichten umdrehen:
Eichhörnchen erschießt Neonazi
Mann fällt auf Baum
Brand von Haus zerstört
Leider kann ich mich von der Welt nicht trennen.
Eine Erinnerung
Als ich noch Freunde hatte, wollten sie immer dieselbe Geschichte von mir hören; die von der Bettdecke, die aus dem Fenster des vierten Stocks runter auf die Straße fiel – oder besser gesagt, schwebte: Der Wind hob sie hoch, die zum Lüften halb aus dem Fenster hängende Decke, eine schöne, kostbare leichte. Der Wind hob sie hoch und sie schwebte und als sie wieder runterkam, am Fenster vorbei – versuchte ich sie noch zu greifen, aber zu spät. Sah sie dann auf einem Auto und der Straße zukommen, ein einsames Auto in der Ferne, das ganz schnell fuhr. Das Auto kam immer näher, die Decke kam der Straße immer näher – und dann – fluff – war sie weg! Vom Auto aufgesaugt, das sie, über die Kreuzung und ich weiß nicht wie weit weg, mit sich nahm. Meine Bettdecke. In ungefähr zehn Sekunden von geborgener Freundschaft auf nimmer Wiedersehen, dachte ich. Freunde habe ich übrigens noch, aber irgendwie musste die Geschichte ja anfangen.
Merry Christmas
In der Wohnung wo ich früher wohnte, gab es Mäuse in der Küche und eine Kirche schräg gegenüber des Wohnhauses. Jesus Christ Embassy, war ihr Name – und dies sollte sich als nützlich erweisen. Eines Tages, wurde es mir nämlich zu viel mit den Mäusen und ich beschloss sie einzufangen mit einer tierfreundlichen Falle, die mir, neben den Nüssen hierfür, das letzte Geld kostete. Als ich die Tür zum Wohnzimmer hinter mir schließen wollte, nach dem Aufstellen der Falle, hörte ich es schon: Ein metallisches Schnappen – die Falle ging zu. Traute meine Augen fast nicht, als ich mich umdrehte und zur Küche ging: Eine kleine Maus saß in der Falle – zitternd, bebend vor Angst und sie tat mir gleich ganz schrecklich Leid. Dies wiederholte sich dreimal an diesem Abend, die Mäuse wurden jedoch immer kleiner und am Ende hatte ich anscheinend die ganze Familie mit meiner Falle geholt. In den Frost und Schnee draußen, wollte ich sie nicht aussetzten, also ging ich viermal zur Kirche, die Tür stand wohl immer offen, an diesem Abend, kurz vor Weihnachten. Die Tür der Kirche mit der Botschaft unter dem Bogen des Eingangs: Alle sind hier ganz herzlich willkommen.
Resümee
Dies ist keine Erzählung oder Geschichte, ich muss es aber trotzdem hier sagen: Gott vergebe mir meine Sünden, die Liste ist lang und voller unsinniger Sachen.
Kindheit
Die Blumen auf dem Fensterbrett. Ich danke dir für deine Hilfe. Die Luftballons, die du mir kauftest. Ich danke dir. Alles ist am Ende Vergangenheit. So wie unser Spaziergang durch den Park in der Herbstsonne, wo das Laub an den Bäumen, feucht und leuchtend noch, das Leben und Sterben so schön artikulierte. Danke für deine Briefe und Gedanken. Danke für alles, deine Stimme, die manchmal zu mir sprach und mich nie vergaß. Es war kein Wunder nur einfach so. So ist es, wenn Menschen sich lieben. Ich danke dir. Nun bist du weg.
Gewöhnliche Begegnung
Jim – hallo Jim, du alter Erbsenzähler, was machst du hier? Ich kannte seine Stimme und auch die Art, wie er sich bewegte: ruckartig, unendlich langsam. Hey Johnny, was machst du hier? Dasselbe wie du wohl – oder zumindest das Gleiche. Ja, das sag ich auch! Na also und sonst was Neues? Nein, nicht so richtig. Bei dir? Auch nichts nein alles beim Alten. Na gut, dann mach es gut, ja du auch, oder besser. Also dann, ja also dann. Komisch, der Traum kam mir sehr lebendig vor und lass uns bloß dabeibleiben, es war nur ein Traum und die Wohnung in der 5th Avenue, aus dessen Fenster immer dienstags eine Frau eine Decke schüttelte, eine Decke, die seltsamer Weise jedes Mal voller Staub war, habe ich erst viele Jahre später entdeckt.
Unvollendete Gedichte
Lass uns gehen, sagte sie. Ich ging mit ihr durch die Straßen von Lower Manhattens bis nach Cony Island. Da las ich ihr das Gedicht vor:
Plains cutting sky
high over Brooklyn
My father was a dancer
in Spain
...
... abgebrochen – der Rest Vergessenes aus oder in der Erinnerung. Das Notizbuch, meins, verschollen. Werde ich es je wieder finden?
Inflation
Es lohnt sich manchmal den Fernseher abzuschaffen und nicht abzuspülen. So schrieb ich 165 Gedichte in nur drei Wochen und spülte 165 Tage lang danach ab. Jetzt überlege ich 165 Fernseher zu kaufen, da nur 1,65 Menschen sie gelesen haben – inklusive mir selbst, das liegt aber auch wieder nur an mir oder mich, ja was weiß ich. Nein was soll ich bloß tun, ich schreibe und schreibe – wirklich ohne Ende, es sind Mengen, Mengen Leute, ich kann´s euch sagen, die sich mittlerweile häufen. Na gut, vielleicht kaufe ich einfach 165 Staubsauger, und sauge alle Wörter wieder raus, aus den fast schon gedruckten Büchern: Das Papier bliebe ungedruckt, so schön und weiß. Eine Fantasie hier, jedoch keiner der erwähnten 165 Fantasien. Titel des Textes hier: Inflation. Ganz eindeutig nur Inflation.
Subkulturelles aus der Subway
Kreidestriche, zuerst unten in der Subway, wurden zu gekonntes Malen auf der Leinwand; beides eine Kunst in sich und so bewegt sich die Kunst. Dann schnitten sich die Leute deine Zeichen aus den Wänden, schnitten, sägten oder was auch immer und meine Nichte kam hier Jahre später her, Nichte oder was auch immer – schreiben ist Empfinden und Erfinden – um sich kleine Würstchen über den letzten Gluten des Feuers zu grillen. Ich hatte eigentlich ein ganzes Buch über sie geschrieben, über der Franzi in New York, eine Künstlerin, es liegt aber jetzt nur noch rum und ich komme auf blöde Sprüche wie Würstchen grillen. Gut aber noch eins zum Affektiven: Andy kannte ich auch und sah sein ganzes Leben als Kunst. Du hattest deine Glatze, da war die Kunst nicht drin, nicht so. Andy aber, machte aus seiner Kunst. So wie das Erinnern. Das verschachtelte Organisieren. In der Kunst geht es immer auch ein wenig ums Organisieren – oder Umorganisieren. Das könnte aber auch ausschließen bedeuten. Oder sogar Angeben!
Novalis
Was Novalis mit New York zu tun haben könnte, ist mir erstmal unklar, ich wurde aber die Frage gestellt. Viele haben ihn sicher gelesen, in New York und überall in der Welt, er als Vertreter der frühen deutschen Romantik – oder als Dichter einfach, falls dies sich trennen lässt. Nun wäre die Frage, was er zu Amerika oder die Vereinigten Staaten überhaupt gesagt hat – ein Franz Kafka hat ein Jahrhundert später „Amerika“ geschrieben, das war Kafka und eine ganz andere Zeit. Novalis aber? Die Blaue Blume. Ja. Der junge Mann, der früh starb, der, der um seine früh verstorbene Freundin so sehr trauerte und mit ihr gehen wollte. Sein Tod kam wenige Jahre später. Novalis. Das schöne Gesicht, die Haare lang getragen. Seine Gedanken zur Politik und Religion, zum Geistlichen, der Säkularisierung, zum Glaubensverlust, zu den Maschinen, Zahlen und Menschen, zu der Rationalität und Pragmatik. Sie, seine Gedanken, sind hier irgendwo – Novalis.
Verwandlungen
Ich kenne sie nur aus einem Katastrophenfilm. Die Bibliothek. Leute suchen Unterkunft vor dem Wasser, dann vor dem Eis und der Kälte und müssen Bücher verbrennen, um sich zu wärmen. Welch eine Ironie! Aber so ist es gekommen. Dann gehe ich rein, ja sie sieht aus, wie aus dem Film – nur draußen scheint die Sonne und überall arbeiten die Klimaanlagen in den Hochhäusern auf Hochtouren. Mit der Wärme ist zu kämpfen, in der Stadt und in vielen Städten überhaupt. Dann steige ich in ein Taxi, ein gelbes, das vom Künstler R. Fetting gemalt vor mir steht. Nach dem Preis habe ich mich auch erkundigt: viel zu teuer für mich, es entspricht so was wie drei Jahreslöhne eines freischaffenden Schriftstellers. Das Bild. Gut, aber der Ausblick gefällt mir und dann, einfach so gedacht: Wird sie sich noch melden? Meine neue Schülerin. Sie schält eine Mandarine. Drüben. In einer anderen Welt. Nun in die wolligen Strümpfen geschlüpft.
Mira
Die Katze, mit der ich in Harlem wohnte, hieß Mira. Sie wurde mir geschenkt mit den Worten: Sie heißt Mira! Und nichts mehr. Dann war sie wieder weg, das Mädchen mit der Katze, die ins Auto ohne Katze stieg. Nun stand ich da, auf der Treppe, mit einer Katze in den Händen, die Mira hieß und dachte, ja und nun? Nichts mehr. Sie sind umgezogen und haben mir einfach die Katze übergeben, oder besser gesagt: Überreicht! Eine Stunde zuvor, war sie zu mir durchs Fenster gestiegen, ich hatte sie dann zurückgebracht, selbst gerade eingezogen und gerade observiert, dass sie zum Nachbarn gehört. Nun also nicht mehr – der Nachbar umgezogen und die Katze mir überreicht. Mira schläft gerade in ihrem Korb neben der Heizung, den Korb mit der Wolldecke, die ich ab zu, draußen auf der Treppe ausschüttelte. Mira schläft und ich schreibe diesen Text. So vermischt sich Vergangenheit und Gegenwart in den Gedanken.
Ein Nachmittag
Ich bin mir sicher, wir sind zu weit gefahren. Du stellst das Auto ab. Wir gehen raus auf die Mole. Die Möwen über uns kreischen laut aus den großen Körpern. Wir, zwei kleine Körper am Strand und Wasser. Die Wolken grauweiß und das Holz unter uns grau. Tang hängt an den Pfeilern. Mit Muscheln und Blasen drin. Der Geruch vom Meer beruhigt uns, und die Sachen, in und herum um uns, was einem überall so folgt, sortieren sich wieder ein. Ein Nachmittag am Meer.
Grand Central
Die Rettung des Bahnhofes Grand Central könnte man den Bürgermeister Robert Wagner zuschreiben, der in meinem Geburtsjahr 1965, die Kommission zur Rettung des Bahnhofes gründete. Ohne Jane Jacobs Buch „Tod und Leben großer amerikanischer Städte“, wäre dies aber wahrscheinlich erst gar nicht geschehen, das Buch das in 1961 geschrieben wurde und u.a. eine Debatte über die Erhaltung der Grand Central Station auslöste. So sind Gedanken manchmal schöne Glieder einer schönen Kette, die sowohl im lauten Gewimmel der Eile als auch im dunklen Schatten des Vergessens, ehrenvoll getragen wird. Eile, das Vergessen und selbstverständlich: Politik.
Meine Jahre in New York
Meine Jahre in New York, da wo ich noch nie gewesen bin, tauchen nun als leuchtende Erinnerung auf. Ich kann es auch nicht lassen, über sie zu schreiben, obwohl ich so vieles andere vor mir habe; der vorgestellte Rückblick zieht jedoch alles in den Bann dieses Triebes und wofür und warum leben wir überhaupt? Jeder sollte finden, was jeden glücklich macht – sei es etwas, das nicht jemand anders Schaden zufügt. Jemanden oder sich selbst. Aber was rede ich hier – ich will nicht zu lange herum philosophieren, nur umgedreht alles erinnern, was es fast nicht gab oder ganz und gar nicht geschah. Nur so kann ich mich der Realität hier annähern.
Geschenkte Weisheiten
Diese Nacht erzählte sie mir eine weitere Weisheit. Das Erzählen geht um das nicht Erzählte, das Schauen und das Spiel, ist das was wir nicht sehen können, und uns nur vorgestellt gezeigt wird, und ich dachte, es geht wohl auch um, was ich nur spüren kann. Der Funke schlug über, der Strom bewegte sich und wurde zu einer zärtlichen Berührung unter den Brücken, die fast genauso aussahen, wie die Brücken der Yorckstraße, wo ich mal wohnte. Da, wo das Gras früher wild wuchs und zwei Skinheads mir mit Prügel drohten. Auch hier fand das nicht Erzählte seinen Wert, sie sagten nämlich: Du bist doch der... ? – und ich sagte nichts nur: Warum fragst du? Und ich wurde vom Prügel verschont. Ein Art Heroismus des Nichterzählen. Wollte mich wohl vom Ästhetisieren abheben, aber stieg gar nicht vom Wunsch des Zeichnens der Tusche und dem Weißen, das nicht beschriebene und nicht Erzählte hoch. Konnte mich als Träger gar mich distanzieren.
Die Hälfte des Lebens
In einem Heft meines Vaters, das ich auf dem Dachboden im Reihenhaus gefunden habe, lese ich: „Wenn die Früchte schwer / an den Ästen reif / In September, sag ich / nein zu Hölderlin“ und muss an ihn denken, sein Leben und besonders seine letzten Jahre. Ich wusste, dass er eine schwere Krise hatte, als er um die 50 war, seine Mutter gestorben, einen Streit gab es mit der Familie und vieles anderes schwieriges – und es ging ihm sehr schlecht. Dann kam aber eine relativ gute Zeit, bis er krank wurde. Habe ihn ja erst da kennengelernt, durch Zufall, könnte man sagen, ich wusste erst, als ich um die dreißig war, wer mein echter Vater war. Später, an dem Tag wo ich die Schachtel auf den Dachboden fand, las ich auch das Gedicht von Hölderlin, in einem Buch, von derselben Schachtel: „Die Hälfte des Lebens.“ Und vergessen Sie bitte dieses ewiges: „Hölderlin mit seinem Turm“.
Bücher
Bücher sind nun mal die halbe Welt. Was ist es denn mit den Büchern, das so viel Freude macht? Das uns mitreißt und zum Erwachen bringt. Oder Einschlafen, wunderbar, ist auch das Einschlafen mit einem Buch – gerade noch das zuletzt gelesene verstanden, dann aber so schläfrig, dass die Realität anfängt sich aufzulösen und dann noch mehr auflöst und sich dann im Schlaf umwandelt. Der Conférencier der Träume lässt ein stilles Abtauchen zu – der Autor steuert das Ausfahren, die Fahrt zur Ruhe hat begonnen. Das Buch hatte eine große Revolution in der Umwandlung zum „Taschenbuch“ erlebt – was wohl schon lange vor Goethes Werther passierte. Vor allem – das Taschenbuch lässt sich heute selbstverständlich noch überall mitbringen, nicht nur in Damentaschen oder in den Schlaf hinein – nein, jeder kann es mit sich tragen und immer wieder, zu den Welten, dass es eigenhändig trägt, zurückkehren.
Der Mond
Da ich den Mond nicht sehen kann, muss ich dich fragen: Steht er nun wirklich wieder vor deinem Fenster da über den Dächern? Ich musste lachen, als ich Jahre später nach B. kam und das Haiku Gedicht über den Mond las. Es ging um den, der seine Sehnsucht wieder vermochte aufleben zu lassen. Durch den Anblick des Mondes. Im Leben wieder hereingeholt. Nun in einer anderen Stadt, lächelnd aus dem Buchladen gehend. Lächelnd, aber mit Herzklopfen. Erwacht! So gut war es! Das kleine Gedicht.
Der Fallschirm
In einem Traum bin ich gefallen. Ich drehte mich in der Luft und fiel weiter nach unten, bis ich ruckartig nach oben gezogen wurde. Der Fallschirm zog mich nach oben. Geschwebt habe ich aber in der Luft. Nein gefallen bin ich. Ich vermische es immer wieder.
Schwerer Apparat
Also Leute: Ich habe gutes Neues, sagte Jefferson als er zu uns kam. Ich versuchte noch das Fenster nach oben zu schieben, bevor er etwas sagte – Luft wäre jetzt gut im Zimmer, in der kleinen Wohnung rein zu holen – das Fenster klemmte aber und ich ließ mich aufs Sofa runterfallen. Jefferson stand da, auf dem Teppich, strahlte und es war so schön, dass ich Lynn bat den Fernseher auszumachen. Dann klingelte das Telefon, wir alle schauten rüber zum schweren schwarzen Apparat. Lynn dann auf mich, ich auf Jefferson und Jefferson auf Lynn. Dann schauten wir wieder aufs Telefon, es klingelte, ununterbrochen – dann ging Jefferson hin und nahm den Hörer ab. Ja – hallo? Nein, ich wohne nicht hier, wollte nur meine Freunde besuchen. Was? Schlechtes Neues? Er legte den Hörer auf den Tisch, schaute zu Lynn und sagte, gut, ich muss dann gehen.
Urbane Mythen
Eine Kalendergeschichte, die ihr Unwesen trieb, zu der Zeit wo ich in Harlem wohnte, war die von der Spinne und der Topfblume. Die Topfblume, die immer fauchte, wenn sie bewässert wurde. Solche Geschichten werden auch als „Stadtmythen“ bezeichnet. Nun gut, in der Stadt haben sie wohl gute Bedingungen um „wandern“ zu können – was die Entstehung solcher Geschichten auf sich hat, hat aber nicht unbedingt nur mit der Stadt zu tun. Ich stelle mir nun die Aufgabe, eine solche zu erzählen – oder ganz genau: zu erfinden. Eine, die erstmals nicht in der Stadt anfängt, sondern in einem Wald. Es wird schwer, ist es, spüre ich und begreife so, warum diese Geschichten heutzutage sowohl aus ihren Entstehungsgeschichten heraus als durch die wandernde Umwandlungen, die Bezeichnung „Urbane Mythen“ bekommen.
Der Fangbaum
Bei einer von Judys Partys, fängt Paul an zu erzählen: "Ich habe mal von jemanden gehört, der im Wald spazieren war. Als er da rumläuft, kommt plötzlich ein Wildschwein direkt auf ihm zu und das im vollen Tempo. Ein großes, sehr großes Wildschwein. Er springt gerade noch rechtzeitig zur Seite, stolpert aber über einen Ast und rutscht den Hang herunter. Dabei bleibt er an einem Baum hängen, der ihn erst aufgreift aber dann voll in einem anderen Baum hochkatapultiert." Yoko unterbricht ihn und sagt: „Ja, und sein Name war wohl Baron von Münchhausen?“ Nein, sagt Paul, es war ein Freund von meinem Bruder! Judy lacht laut, wir lachen alle, nur Paul schaut uns verblüfft an. Na gut, was passierte dann, sage ich. „Ja, dann hing er da, im Baum“, sagt Paul –, „und wollte sein Handy greifen. Nun, das war aber aus der Hosentasche rausgefallen – er aber, so von einem Ast aufgegriffen, dass er seinen Gürtel, an denen er fest am Ast hing, gar nicht mehr lösen konnte.“ Wir lachen alle wieder, dann kommt Jennifer in die Küche und fragt was wir so lachen. Im selben Moment fängt jemand an ein Lied zu singen, sehr laut und wir drehen uns alle um. „Ich flog und flog und flog“, singt einer in der Ecke der Küche. Er sieht sehr betrunken aus und kippt dann um und reißt den ganzen Küchentisch mit sich runter. Gläser, Flaschen, Teller, kleine Spieße, alles fällt mit großem Krach zum Boden und das war´s mit der Geschichte. Einige Monate später, treffe ich Paul in der Subway und überlege ihn nach dem Ende der Geschichte zu fragen. Ich lasse es, höre dann aber irgendwann von einem, der von einem Wildschein gerettet wurde! Das Wildschwein hatte sein Handy im Bauch, und er, der Mann, hing seit zwei Tagen in einem Baum und konnte sich nicht befreien. Die Jäger aber, erkannten den Ort vom letzten Film auf seinem Handy: Ein wütendes, sehr großes Wildschwein, läuft mit großem Tempo auf einen Mann zu, dessen Handy es dann beim Vorbeirennen verschluckt. Ich muss kurz Luft holen und den Kopf schütteln. So was Albernes und das soll wirklich passiert sein? Ja, es stand jedenfalls in der Zeitung! Oder wie?
Die Wand
Ich liebe diese Wand: Sie ist von einer Kletterpflanze ganz überwachsen und hinter ihr, ragt ein alter Schornstein hoch. Ich sah diese Wand vom Küchenfenster aus, die Küche in der kleinen gemütlichen Wohnung mit Blick zu einer der schönsten Hinterhöfe der Stadt. Dann wachte ich auf und las auf den Zettel: Vorsicht! Das Leben ist wie ein Traum. Genieße es mit Vorsicht. Klarsicht und Vorsicht. Gerne aber träumend ...
Ein Reisender
Er kam wieder und ich habe es gewusst. Alle anderen hatten sich fürs Leben verabschiedet: Er wird nie wieder zurückkommen, wurde gesagt. Dann, ein Monat später, kam er zurück und jetzt höre ich ihn, wie er auf meiner Gitarre klimpert. Nicht schlecht, sonst hätte ich ihm die Gitarre gleich entzogen. So liegt er da, den ganzen Tag aufs Bett und klimpert auf der Gitarre. Hätte eigentlich Lust ihm sie doch wegzunehmen, mehr wegen den Nachbarn – ein Streit könnte schlimme Folgen haben. Die Zeiten sind heute fragil, eine Wohnung kann man schnell verlieren, der Drang ist enorm. Das Drängen auf die Stadt. Ich würde lieber meine Gitarre zerschlagen, als die Wohnung zu verlieren. Er kann ja weiterbummeln, was er auch machen wird. Ich aber nicht.
Der große Apfel
Der große Apfel hat einen Wurm und der ist jetzt auch noch Weltherrscher geworden. So versteht er sich jedenfalls selbst, wie viele andere vor ihm schon, in dieser Position des „quasi Weltherrschaftlichen“. Gut, nein gar nicht gut – aber gut, so ist es mal nun und er muss sich selbstverständlich auch gleich mit den anderen „quasi Weltherrschaftlern“ anlegen. Wer hat den größten Knopf zur Vernichtung der Welt? „Leute, ihr braucht da keine Knöpfe, ihr seid schon so, ganz ohne Knöpfe, dabei die Welt zu vernichten“, sagt einer im Café unten, sprechend zum Fernseher über der Theke. Ja und tatsächlich, trifft der Spruch mit „Das eigene Land zuerst“ so gesehen hier leider auch erschreckend zu: Ein riesiges Naturreservat, eines der wenigen, die es noch gibt, soll nun platt gemacht werden. Fracking – der Schuh des Teufels – darum geht es und nicht darum, das Reservat für Wanderer zu öffnen. Der Wurm ist aus dem Apfel raus und frisst sich jetzt durch die ganze Welt.
Der Schuhverkäufer
Er ist jetzt in einer anderen Stadt und verkauft da Schuhe, die ihn an New York erinnern. Er hatte sie zum ersten Mal, auf einem Plattencover, in den 70ér Jahren gesehen, der eine von den zwei Typen auf dem Bild hatte sie an, oder vielleicht auch beide hatten diese Schuhe, woran er gerade denkt an, und nun steht er hier mit ziemlich genau diesen Schuhen in einem Laden - 40 Jahre später. Es sind einfach Klassiker, diese Schuhe, so einfach und bequem vom Typ her, dass sie nie aus der Mode gekommen sind. Ja, ich muss zugeben, dass ich so was ganz toll finde. Auch die Idee von einem Laden, der ausgesuchte Schuhe hat, die weitgehend nachhaltig produziert worden sind. Was kann ich mehr zu seinem Job sagen? Er, der Job, ist eine schöne Erfahrung und bringt Butter aufs Brot – oder überhaupt schon mal Brot. Und als Schriftsteller, ein Traumberuf: Menschen aus der ganzen Welt kommen hier rein und bringen alle eine Geschichte mit. Er möchte sie nicht weitererzählen, ihre Geschichten, darum geht es nicht, sie halten ihm aber am Leben. So oder so..
Einhornspray
Eine Nachbarin hatte mir vom Einhornspray erzählt – und vom weißen Salbei, den ich dann kaufte, um einen Geist in meiner Wohnung auszuräuchern. Der Spray kam mir doch etwas zu fantastisch vor – und war auch gar nicht dafür gedacht und ihn nur so mitzunehmen, für irgendwelchen Zweck, danach war mir nicht. Aber ich kam darauf, später, nach der Ausräucherung des Geistes, den Mythos der Einhörner nachzugehen, im Versuch sie, die Einhörner, einen klitzekleinen Augenblick, aus der hin und wieder weichgezeichneten, bunt kolorierten Welt der Esoterik oder vor allem, die Geschäfte der Esoterik, rauszuholen.
Radio hören
Neulich kam ich darauf, dass einer der schönsten Sachen im Leben, die es gibt, wohl sein möge, neue Batterien in ein Radio zu tun! Es lässt sich erklären; als ich vor einem Jahr das Haus einer meiner liebsten und nun leider verstorbenen Freundinnen aufräumen musste, ist mir klar geworden, dass sie in jedem Zimmer, außer in ihrem Schlafzimmer, ein Radio stehen hatte. Ich wusste, dass sie gerne Radio hörte, wir unterhielten uns auch manchmal über Sendungen im Radio – die Fünf Radios, die ich dann einsammelte, nach ihrem Tod, sind mir aber irgendwie dann doch, sehr berührend, berührend vielleicht gerade deswegen, aufgefallen: Eins im Wohnzimmer, eins in der Küche, eins im Bad, eins im Hobbyraum und eins im Keller unten! Das im Wohnzimmer, nahm sie auch manchmal mit raus im Garten, auf die Terrasse. Als ich neulich Batterien kaufte und sie in ein Radio reintat, das ich einen Freund ausleihen mochte, wurde mir ganz warm ums Herz, als die Stimmen des kleinen Transistors wieder erwachten!
Fasching
Es war Fasching, und ich war zu Besuch bei Freunden, deren Tochter den Fasching in ihrer Schule feierte. Die Freunde fragten mich, ob ich sie nicht von der Schule abholen könnte. Ob dies wohl in Ordnung wäre? Ich sagte froh ja, hatte nichts vor und mochte sie sehr. Es würde mir nur Spaß machen sie nach Hause zu begleiten und für ihre Sicherheit im Verkehr zu sorgen. Ihr Tag sei gut verlaufen, erzählte sie mir dann – und ich musste fragen, welche Verkleidungen es denn gab! Ich dachte, sie würde nun fünf-sechs-sieben nennen, aber nein, es ging ziemlich genau so: "Also es gab einen Tiger, zwei Bauarbeiter, zweimal den Harry Potter, einen Geist und ein Streichholz. Dann gab es einen Clown, ein Rockstar, ein Ninja und ein Indianer. Indianer und Cowboys. Auch andere Tiere", setzte sie fort: "Ein Igel und eine Fledermaus. Ein Klavier..." – ich musste unterbrechen – ein Klavier? "Ja ein Klavier und einen Seeräuber. Eine Schlange, einen Dieb, einen Detektiv, zwei Engel, ein Pferd mit zwei Kinder drin, einen König, viele Prinzessinnen, den Aladin, der mit dem Geist, eine Biene, eine Ratte, ein Polizist, ein Auto und drei Zauberer. Ja und Mario!" Ich fragte wieder: Drei Zauberer? "Ja! Oder nicht ganz..." Nein? "Nein" – sagte sie – "der eine konnte nicht Zaubern, sein Zauberstab war zerbrochen." Ich biss mir auf die Lippe, wollte nicht lachen, sagte nur ernsthaft „Ach so“. Und wir waren uns einig, dass dies nun gar nicht gut war – schade für den Zauberer ja. Echt schade!
Mr. Yellow
In der Straße, wo auch der Schuhladen war, gab es einen gelben Mann. Wir nannten ihn Mr. Yellow – dies war naheliegend, da er wirklich ganz und gar gelb war – sein Gesicht war es jedenfalls und seine Hände. Ich hatte den Eindruck, beim zweiten hinschauen, dass er sich irgendwie eingefärbt hatte. Als ich ihn das erste Mal sah, erschrak ich ein wenig, dachte er wäre krank – aber nein, es ging um eine „Einfärbung“, dies wurde mir schnell klar und mir kam zur Kenntnis, kurz danach, dass er auch mit Einfärben beruflich zu tun hatte. Es war sozusagen ein Teil seines Berufs. Die Ursache jedoch, für dieses freiwillige Einfärben, habe ich nur versucht zu erraten, zur Kenntnis kam es mir nie.
Fly Me To The Moon ...
Reinhard meinte, dass man den Mond einfangen könne. Er wohnte unter der Brücke, die ich jeden Abend unterquerte, durch den Park, auf dem weg zur Betty. „Na wie geht es mit dem Mond?“, fragte ich ihn dann. „Schon eingefangen?“. „Das siehst du doch, dass ich ihn noch nicht eingefangen habe! Schau doch an den Himmel!“ Ich schaute hoch, kein Mond zu sehen, nur ein diffuses Licht hinter den Wolken. „Ja, sieht so aus, als ob er noch da wäre“, erwiderte ich und fügte zu: „Mit Sicherheit kann man es aber nicht wissen!“ Dann lachte er und ich gab ihm einen Dollar. So ungefähr ging es jeden Abend. Bei einem klaren Vollmond sagte ich: Oh, du hast es wieder nicht geschafft! Und er lachte. Und es kam alles von einem japanischen Gedicht! Dieses hatte er mir, als wir zum ersten Mal sprachen, vorgetragen. Und er sagte: „Ja, ich bin Professor, weist du! Und es gibt gute und schlechte Zeiten!“ Ja, da hatte er recht. Die gibt es und ich hatte selbst mal unter eine Brücke gewohnt - nun konnte ich ihm wenigstens mit einem Dollar am Tag helfen. Dazu hatte er natürlich auch einen Witz: „One dollar a day, keeps the doctor away!“ Und jetzt sitze ich in einer ganz anderen Stadt und schreibe diese Sätze. Wie es ihm wohl geht!? Es ist schon einige Jahre her. Einen wirklichen Schutz hatte ich ihm nie gegeben. Ich dachte er wollte dies gar nicht. Gefragt habe ich ihn aber auch nie. Er schien mit seinem Leben zufrieden zu sein. Ich denke das war aber nur Schein. Und diese Überlegung nagt an mir. An mir und unseren Mond.
Früher oder später
Die Sprecherin im Fernsehen: „Gefunden wurden Steinsärge, Statuen und andere Gegenstände...“ Cindy meint, wir haben alle schon mal gelebt. Und waren dann andere Menschen, früher, in anderen Leben. Ich versuche mich selbst mit einer dieser Gegenstände zu sehen. Dann liege ich im steinernen Grab – bin aber Zeitungsverkäufer in Newport auf Rhode Island. So wird mir einiges klar. Ich bin mir sicher, ich habe schon vieles gelesen: Zeitungen, Artikel, Bücher, Aufzeichnungen von Vorträgen und so weiter. Jetzt möchte ich nur noch Zeitungen verkaufen und schreiben!
Harry
Harry lernte ich in der Weinbar kennen, die zwischen den Zeitungsladen und Gemüsehändler lag. Bei jedem Glas, sagte er zum Anfang: „Der Wein verbindet uns mit den Göttern! Prost!“ – und wenn er es austrank: „Ich bin der Rebstock – ihr seid die Trauben ...“. Irgendwann sagte dann einer: „Ja, aber du bist nicht Jesus!“ Harry trank sein Glas aus, schaute mit lehren Augen über den Tisch und sagte dann ernsthaft: „Nein, aber er ist bei uns“. Da wurde mir klar, dass seine Sprüche, die sonst immer mit einem Lächeln kamen, im Grunde ernst gemeint waren. Harry starb letztes Jahr – erfuhr ich, als ich mal wieder in die Stadt kam. Die Bar war nicht so wie früher, man vermisste ihn da, aber trotzdem hing noch etwas von Harry in der Luft. Auch ein kleines Foto übrigens an der Wand, die Wand die eine Collage aus Fotos der Zeit hier glich oder schlechthin war. Ja, da war er – Harry, unser Apostel im Reich der Trauben, Rauchwolken der Zigaretten und schönen Geschichten. Damals, ein kleines geborgenes Reich.
Lord Byron
Jerry meinte, er habe den „Lord Byron“ mal getroffen. Ich fragte ihn dann: „In einem Traum – oder wie?“ "Nein, nein", sagte er – "in echt – unten, beim Harry am Tisch!". Es ging eine Weile, bevor es sich im Gespräch aufklärte, dass es nicht der Byron war, an den ich dachte, sondern um den Künstler „Lord B. (Byron)“ – im Jahre 1990 irgendwas. "Aha, aha, aha!" erwiderte ich nun, und setzte mich beleidigt von dieser Trickserei auf den Hocker in der Bar „Contenda“. „Eine Bloody Mary bitte“, sagte ich zum Kellner und schaute Jerry verärgert an. „Was ist?“, fragte er. „Nichts Jerry“, erwiderte ich, „Gar nichts.“ „Es gibt einen englischen Schriftsteller, der Lord Byron hieß, oder zumindest so genannt wurde“, versuchte ich nun. Jerry sah mich fragend an. „Ja?“ Ja Jerry. „Ach der Engländer – den Lord Byron! Ja den kenne ich vom Namen her. Ja – doch!", meinte er und dann: „Ja, aber den meinte ich nicht!“ Nein, Jerry, nein, den meintest du nicht. Es war einer dieser ganz wunderbaren, besonders betrunkenen Gespräche, die bei „Contenda“ geführt wurden. Es war aber meine erste Mary.
Künstlerbedarf
Und mehr zum Thema Alkohol: Gerade komme ich rein in den Laden mit dem beschwörenden Namen: „Laden für Künstlerartikelbedarf“ und frage mich welchen Bedarf oder Beruf ich heute habe – und sehe da den Kollegen Mats, in der Ecke an dem Kaffeeautomaten. Es ist gerade Mittag, er hat aber ein Bier am Tisch stehen – und ich sehe – an seiner Körperhaltung und Gestik, es ist das Bier zum Schnaps. Und es ist auch nicht das erste „Paket“ heute. Ich gehe zum Kaffeeautomaten, Mats erkennt mich aber nicht, ich überlege ihn zu begrüßen, wird aber nichts, da ein Typ mit einem Rucksack, an dem zwei lange Rohre festgeschnürt sind, sich an mir vorbei drängt, drängt und schubst, aus Gründen, die mir unklar bleiben. Ich muss ihn mit den Augen noch eine Weile verfolgen, seine Gestalt ähnelt die einer Schnecke: Die Röhre schieben sich auf seinem Rücken hoch über seinen Kopf, als wären sie die Fühler eines solchen Tieres. Als er an der Kaffeemaschine seine Faxen macht – und ehrlich gesagt: seit wann trinken Schnecken denn Kaffee? – schaue ich rüber zu den Tischen, Mats ist aber weg, wie vom Erdboden verschluckt, nur die Bierflasche steht auf dem Tisch. Ich hole mir einen Kaffee, die Schnecke ist schon bei den Tischen und jetzt stößt sie einen hohen Laut aus: „Daaaa...! – liegt jemand auf den Boden“, sagt der Mann mit dem Rucksack. Ich gehe rüber und sehe Mats unter den Tischen liegen. Stelle den Kaffee ab und beuge mich runter. "Mats! Mats! Hallo!". Keine Reaktion. Die Schnecke meint er ist tot. Nein ist er nicht, sage ich. Oder erst seit kurzem! Schnecke sieht mich verwundert an, versteht den Witz nicht. Ich ziehe Mats raus und versuche Puls oder Atem zu finden. Nichts. Er ist aber nicht tot, nur stock besoffen. Der Trick mit dem Kneifen zeigt es: Reaktion. Nun, ich weiß gar nicht, was ich hier eigentlich erzählen möchte, nur so ein Tag, wie üblich in der Großstadt. Man trifft Bekannte, lernt neue kennen, sieht dies und das – und alles ist am Ende irgendwie ganz normal.
Winter
Heute ist der 26. Februar und es herrscht eine derbe Kälte draußen. Der Himmel war blau leuchtend, ein feiner, fast durchsichtiger Halbmond schon am Nachmittag am Himmel – die Sonne strahlte jedoch – so ist der Winter dann richtig Winter. Und ich muss mich erst mal ausruhen nach der Party gestern: Ein Schlaf am Nachmittag zur Erholung. Aufgewacht, und mit einer Tasse Tee an meiner Seite, schaue ich mir einen kleinen Bericht über den Filmemacher Craig Baldwin an. Und schreibe dann hier noch: „Die Bücher sind das papierene Gedächtnis – Schopenhauer“. So kann der Tag meinetwegen zur Ruhe gehen.
Humboltkalmare
Humboltkalmare fangen ihre Beute blitzschnell mit den Fangarmen. Unten im Reich der Suchscheinwerfer. Und Liebeslocklichter. Eine Freundin von mir bestand darauf, dass ich mein Geburtsdatum bei einer Tierastrologiewebseite eingeben sollte, um zu enträtseln, welches Tier ich denn hier sein möge. Ich schaute dann letztendlich nach, da sie schon mehrmals gefragt hatte – ich wollte ihr die Freude tun, dieses kleine Spiel mitzumachen – so sollte das Leben doch sein. Und was zeigte sich: Ein Monster, ein wahres Monster – einer dieser Tiefseefische unten im Dunklen sollte ich sein, einer von diesen mit einer Lampe vorm Maul mit den scharfen Zähnen ragend, um die Fische hier im Dunklen, anzulocken! Schön! Ich musste lachen – dieser Fisch hatte mich in der Kindheit sehr fasziniert – zwar nicht als Vorbild, sondern als Phänomen. Und nun war ich so einer!? Dann wurde ich nachdenklich – ja tatsächlich, ist das nicht, was ein Künstler macht? Ein Künstler der sogar ab und zu Lichtinstallationen baut?
Der Lagerraum
In einem Notizbuch vom Lagerraum: „Die Welt ist doch viel größer als ich dachte“. Schön – oder? Ich entdecke immer wieder solche Sachen. Vergessenes. Fund und Stücke. Und das trifft ja genau diesen Spruch. Ich habe es so mal geschrieben, das mit „Der Welt“ – und lese es dann viele Jahre später. Das Leben ist voller Notizen, so oder so. Nicht nur das Leben eines Künstlers – Künstler haben jedoch oft Notizbücher – die vielleicht mit Tagebüchern vergleichbar sind. Ich habe viele Notizbücher liegen – aber noch nie Tagebuch geschrieben. So sage ich es halt.
Warum
Es ist wirklich sehr komisch: Ich stelle mir vor vor, dass ich Anekdoten erfinde, für dieses Buch, dabei habe ich das meiste erlebt! Wie kommt das? Es ist so, als ob ich meinem Gedächtnis nicht vertraue, was aber keineswegs der Fall ist – dies könnte vielleicht daher kommen, aber ich bin noch ziemlich klar im Kopf. Denke es hat wohl mit dem Antrieb zu tun, dass ich die Weichen auf unendliches Fahren stellen möchte – dabei ist schon so viel in der Kuriositätenkiste drin, dass es für zwei Leben reicht. Oder? Nein. Es reicht aber für eins – reichlich hat man mit fünfzig Jahren gesehen – als Beobachter und teilweise ausgestiegener Passagier des Gesellschaftszuges! Oh – flotte Wörter! Gesellschaftszug und „ausgestiegen“! Das wäre ja wirklich toll, wenn es wirklich möglich wäre, aus der Gesellschaft auszusteigen! Aus einem Zug im Fahren.
Noch eine Reise
Diese Reise werde ich nie vergessen und wo soll ich anfangen? Vielleicht bei dem Ende der Reise? Oder mitten drin? Nein lieber am Anfang: Stellen Sie sich vor, sie stehen mitten in der Wüste und auf einmal wird ihnen einen Eiswürfel in der Hand gedrückt! Dabei ist die Wüste nur ein riesiges Wandposter und der Eiswürfel kommt aus einem Kühlschrank. Dann flüstert eine Frau oder ein Mann ihnen etwas ins Ohr – es ist ein Geheimnis, das ihnen verraten wird und es wird ihnen fast zur Last, dieses Geheimnis nun zu kennen: Sie müssen die Stadt hinter den Bergen nun aufsuchen, sie müssen dorthin – sie haben sich durch das bloße Zuhören verpflichtet! Ja, wäre das Leben bloß so – wäre das Leben bloß eine große Verpflichtung, die an so einem Tag, mit einem leichten Schnurren im Bauch, aus Aufregung und Freude, einem verpflichtet wird. Zu sagen, dass dies ein Angebot gewesen war, wäre viel zu einfach – ja, es war vielleicht ein solches, aber auch eine unausweichliche Verpflichtung.
Der Sommer ist vorbei
Eigentlich ein Glück, dass sie Milch und Sahne nicht verträgt, sonst würde sie jeden Tag drei von den köstlichen Kuchen beim Bäcker essen, meinte Jane, als wir draußen vor dem Bäcker an einem Morgen im Mai da saßen. Ich sah sie dann wieder im August, barfuß auf den Rasen vor dem Haus, vor dem Häuschen, wo ich zwei Jahre lang den Sommer über wohnte. Sie stand da, mit einer Freundin von mir, beide barfuß auf dem satten, grünen Rasen, der sich genau richtig, weder zu kurz geschnitten noch zu lang gewachsen für diese Sommernacht, den Gästen in seiner schönsten Annehmlichkeit entfaltete. Wir unterhielten uns, lachten über irgendetwas und beide lobten den schönen Rasen. So ist ein Sommer schnell um – bald werde ich wieder jemanden, den ich so ein bisschen kenne, vor dem Bäcker treffen. Wir werden uns vielleicht über irgendetwas kurz unterhalten und dann ist bald wieder ein Jahr vorüber.
Smelly Kelly
James Kelly oder „Smelly Kelly“ konnte Dank seiner Nase und kuriosen Erfindungen New York von größeren Subway-Katastrophen bewahren. „Leaky Kelly“ wurde er auch benannt – sehr treffend, da es gerade darum ging, die „Leaks“ aufzuspüren, bevor sie zu Explosionen oder anderem ungünstigem sich verwirklichten. Die Welt ist voller Gerüche, ja! Und wir nehmen die Welt viel mehr durch den Geruch wahr, als wir denken! Es gibt nur keine Brillen für den Geruchssinn – auch keine Geruchsgeräte – so wie Hörgeräte! Oder? Ja doch! Und damit sind wir bei Kellys Erfindungen: Seine Nase war ihm nicht genug und so ist es mit den Genies – sie finden neue Wege trotz aller schon erfüllten Erwartungen! Kelly hat tatsächlich ein „Geruchsgerät“ oder mehrere sogar, erfunden!
Die Wolke
Patricia baute aus winzigen Nadeln eine sehr fragile Wolke. Eigentlich eine Wolke aus Eisen, jedoch leicht schwebend nun im Fahrstuhl der ehemaligen Fabrik. Einst eine Fabrik, dann in Ateliers umgewandelt, wie üblich halt. Und dann irgendwann kommen sauteure Wohnungen rein – die Künstler müssen umziehen, ziehen woanders hin und dann wird es da wieder Hype und dann auch irgendwann sehr bald danach wieder sauteuer und die Künstler ziehen wieder um. So geht das Spiel, bis die Künstler ganz aus der Stadt vertrieben sind. Aber zu der Wolke, über sie wollte ich eigentlich schreiben: Sie hing da, warum wusste niemand – jedoch hatte ich Patricia von einer Installation von mir erzählt – ich hatte einen Stuhl in einem Fahrstuhl (warum stand hier überhaupt ein Stuhl?) mit einem Nagelbrett ausgetauscht! Und wieso denn das, wird jetzt gefragt. Ja, gute Frage – die Antwort: Warum Fakire diskriminieren! Also dann doch hiermit erklärt. Nur die Wolke bleibt offen. Unerklärt. Vielleicht ein Gruß an irgend jemand?
Franzi
Lass mich doch noch mal auf Franzi hier zurückblicken. Franzi kam zu der Stadt in den 80ér Jahren, in meiner Schriftstellerwelt. Sie studierte Kunst und wurde dann auf einmal, aber nur kurzfristig, ziemlich berühmt hier. Sie schuf Skulpturen aus Neon-Licht-Röhren, menschliche Figuren und vermischte so das Industrielle mit der klassischen Skulptur. Das klingt ein wenig flott, aber gut, sie baute Skulpturen aus diesem Neon und sie wurden immer organischer – nachahmend organisch. Ach, ich habe Schwierigkeiten damit es heute zu beschreiben – glaube ich gehe jetzt raus in die Sonne. Die Sonne ist da. Heute am 5. Februar und ganz genau 6.387,12 km entfernt von New York. Ich also, nicht die Sonne. Also dann bis später ...
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